Der Tod der Wörter in der Lüge: Reform

Wenn ein Wort ausgelutscht ist, sollte man es ausspucken und sich davor hüten, es wieder zu verwenden. "Reform" ist ein solches Wort. Alle haben es im Mund, und jeder verdreht es. Inzwischen bezeichnet es das Gegenteil dessen, was es vor 20, 30 Jahren bedeutet hat.

Wörter, die der Verschleierung oder der glatten Lüge dienen, bedürfen der Verkleidung. Sie werden mit abgedroschenen Attributen umhüllt: die "längst überfälligen Reformen", die "schwierigen und schmerzhaften Reformen", usw. usw. Das Wort und sein Attribut wachsen zur untrennbaren Phrase zusammen.

Das Denken wird durch Reflexe ersetzt, die auf ein Reizwort folgen. Journalisten können die Phrasen im Duett mit Politikern automatisch hersagen. Sie geben sich gegenseitig die Stichworte. Die Interviews könnten im Schlaf stattfinden. So funktioniert der "zivilgesellschaftliche Diskurs" (noch so ein Kaugummi): immer wiederholen, wovon alle schwätzen. Irgendetwas wird hängen bleiben. Bald haben wir alle Gehirne gewaschen.

Dem Tod der Wörter folgt der Verlust des Denkens. Es bleibt das gemurmelte Einverständnis mit den Vorbetern, die Halluzination der Alternativlosigkeit zu ihren dürftigen Heilsversprechen im Jenseits des künftigen Aufschwungs.

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